Karl-Heinz Will |
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Hier sieht man eines meiner Lieblingfahrräder, es hat mich früher auf vielen Touren begleitet und nie im Stich gelassen, ein Miele-Rad, sozusagen der Mercedes unter den alten Fahrrädern. Mielefahrräder gab es von 1916 bis 1960. Dieses trägt die Rahmen-Nr. 954037. Das Baujahr müsste in etwa um 1950 herum gewesen sein. Also übertrifft es mein Alter nur um etwa zwei, drei Jahre. Es hat bereits einen Bosch-Dynamo, aber hinten nur einen Rückstrahler.
"Willst du sicher, schnell zum Ziele,
kauf ein Fahrrad dir von Miele", so der
langjährige Werbeslogan des Herstellers
Die eindrucksvollsten Reisen, die ich unternommen habe, waren stets die mit dem Fahrrad. Die Landschaft riechen, spüren, was ein Berg ist, mit den Menschen unterwegs Kontakt aufnehmen, den Wind um die Nase wehen lassen, stolz auf eine Entfernung sein, mit Kindern Geduld lernen, das alles sind Erfahrungen, die Reisen mit dem Auto so nicht vermitteln können. So war ich oft unterwegs, nur mit Fahrrad, Zelt, Proviant und Schlafsack, manchmal aber auch von Jugendherberge zu Jugendherberge ohne schweres Gepäck, und immer mit wenig Geld in der Tasche. Auch hier bewahrheitete sich der Satz: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Regenkleidung. Gut erinnern kann ich mich an eine große Ostfrieslandrundfahrt mit Michael, bei der nicht nur die Sonne schien, sondern ab und zu hat's auch geregnet, einmal sogar gehagelt. Da bot uns ein freundlicher Ostfriese einen warmen Platz in der guten Stube und einen schwarzen, heißen Tee an, was wir gerne angenommen haben. Es hat lange gedauert, bis wir begriffen hatten, dass "moin" nicht guten Morgen heißt, sondern zu allen Tageszeiten der typische Ostfriesengruß ist. Am besten war die Tagesstrecke von Norddeich bis zur Jugendherberge nach Schillighörn. Wir hatten so starken Rückenwind, dass wir auf unseren Fahrrädern immer größer wurden, um dem Wind ja genug Antriebsfläche zuliefern um so mühelos durch die Landschaft zu gondeln. Die verzerrten Gesichter der Entgegenkommenden konnten uns die Laune nicht verderben und wir haben alle mit einem herzerfrischenden "moin, moin" gegrüßt, was leider nicht immer erwidert wurde.
hinter dem Deich
Später bin ich dann viel mit Julian, meinem Sohn unterwegs gewesen. Angefangen hat es mit seinem Wunsch, Oma und Opa in Amdorf mit seinem Fahrrad zu besuchen. Das haben wir dann auch gemacht: zwei Tage hin und zwei Tage zurück, insgesamt ca. 200 Km mit Mielefahrrad ohne Gangschaltung und BMX-Rad.
1990 sind wir dann das erste mal über Köln / Brühl nach Valkenburg in die Niederlande und von dort bis nach Maastricht gefahren. Die erste Tagesstrecke war ein Rekord, denn sie betrug genau 167 Km und endete auf dem Campingplatz Heiderbergsee bei Brühl.
Pause im Bergischen Land
Maastricht
1991 haben wir dann eine einwöchige Tour nach Berlin unternommen. Die Zonengrenze gab es nicht mehr. Die erste Etappe führte uns über den Kahlen Asten nach Winterberg, von dort durch das Orketal eine wunderschöne Talfahrt bis ins Ederbergland. Ab Fritzlar , haben wir uns immer möglichst an den Flüssen entlang gehalten. In Kelbra am Kyffhäuser, wo angeblich Kaiser Barbarossa immer noch schläft, haben wir dann den nächsten Halt gemacht.
Das waren noch Zeiten!
Die Elbe hat uns allerdings am dritten Tag ziemlich aufgehalten, weil um 18.00 Uhr die letzte Fähre schon weg war. Also mussten wir unser Zelt direkt an der Elbe nebst ziemlich vielen Mücken und einsetzendem Regen aufbauen. Erst am nächsten Tag ging es weiter durch die ehemalige DDR, die jetzt schon Geschichte war. Wir haben dabei nicht nur sehr viele alte, vernachlässigte Häuser, sondern auch erstaunlich viele neue Rohbauten gesehen, denn die Ostmark konnte 1:1 in DM umgetauscht werden, was viele Bürger dann erst mal umgesetzt haben.
Na dann Prost !
Dann ging es über viele LPG-Wege und reichlich Kopfsteinpflaster, vorbei an ausgestorbenen sowjetischen Militärgebieten mit MIGs, die einfach da so rumstanden, weiter bis nach Potsdam auf einen Campingplatz bei Caputh. Der Ortsname war scheinbar Programm, denn vieles war entweder wirklich kaputt, oder im Bau. Auf dem Campingplatz gab es damals keine Toiletten mit fließendem Wasser, sondern nur Plumpsklos, wie ich sie nur aus meiner frühen Kindheit her kannte, also eine leicht anrüchige Angelegenheit.
Und immer wieder Pause und immer wieder
mal eben was essen nach der Anstrengung.
5 Tage waren wir unterwegs und haben nahezu 600 Km mit dem Fahrrad zurückgelegt, das machte uns schon ein bisschen stolz, wenn man unterwegs gefragt wurde, wo kommt ihr denn her, oder wo wollt ihr denn hin? Nach ehrlicher Antwortet erntete man meistens ein müdes Lächeln, als ob wir gerade einen schlechten Witz erzählt hätten. Berlin hat uns dann belohnt mit all seinen neuen Eindrücken einer Weltstadt mit neuem Bewußtsein. Besonders beeindruckt hat mich der Chinesische Nationalzirkus, den Andre Heller nach Berlin geholt hatte.
Die neue Freiheit
Im gleichen Jahr haben wir dann noch eine Tour in Norddeutschland unternommen, zusammen mit "Bartje", was er heute nicht mehr gerne hört.
Julian und Bart
Im nächsten Jahr sollte es eigentlich eine Fahrt nach Paris werden, aber wegen dem schlechten Wetter und gesundheitlichen Problemen haben wir dann in Maastrich abgebrochen und uns drei Tage in Valkenburg herumgetrieben, um dann anschließend mit der Bahn wieder nach Hause zu fahren.
Bei den Urlaubsreisen mit Auto und Wohnwagen durfte natürlich das Fahrrad nie fehlen, manchmal eine echte logistische Aufgabe.
Zu den unvergesslichen Radtouren gehören die Touren in den Pyrenäen auf den Tour de Madeloc bei Collioure. Schier unendliche Serpentinen und eine Schlusssteigung von 19 % - "Dur_Dur" steht auf dem Asphalt geschrieben und gar mancher Rennfahrername, wahrscheinlich ein Relikt der Tour de France.
Im Hintergrund das malerische Collioure
Licht und Schatten verraten die Tageszeit:
es ist schon spät am Abend.
Am Tag ist es hier für eine solche Tour viel zu heiß.
Besonders schön war auch eine Radtour im Hinterland der Cote d'Azur durch das Maurengebirge von La Garde Freinet nach Collobriès über den GR 9 Wanderweg auf dem Grat mit einer herrlichen Aussicht nach beiden Seiten. Leider haben wir irgendwo eine falsche Abfahrt genommen, was uns eine extrem steinige Piste bescherte und dem Material wirklich alles abverlangte.
Auf Tour mit "Ralle"
Immer wieder wird man mit tollen Ausblicken für die
Mühe belohnt, hier heraufgefahren zu sein.
Jetzt warte ich nur noch darauf, dass wenigstens einer meiner beiden jüngeren Söhne diese Leidenschaft mit mir teilt, bis jetzt jedoch ohne Erfolg. Meine Frau konnte ich bisher auch nicht dafür begeistern. So wird es wahrscheinlich nur ein Traum bleiben, einmal die Strecke von Bad Fredeburg bis zum Mittelmeer allein mit dem Fahrrad zurückzulegen.
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